Zwei Wanderer. Oktoberdunkel. Regen. Büttner mit der Leica um den Hals, sein Begleiter mit blutenden Füßen – vierunddreißig im Gefühl, älter im Gang. Sie gehen schweigend. 26 Kilometer zwischen Weilburg und Villmar. Jeder Schritt protokolliert. Jedes Foto nummeriert. An der Abbruchkante zwischen Weinbach und Elkershausen bleiben sie stehen. Elf Minuten lang. Vor ihnen: Herbstblau über dem Becken, wolkenverhangen und leuchtend. Hinter dem Westerwald schiebt sich die Regenfront heran. Der Wind trägt das Wetter. Büttner macht vierzehn Aufnahmen. Der Begleiter schließt die Augen. In Villmar trennen sich ihre Wege. Einer zum Bahnhof, HLB 13:32 nach Limburg. Einer zum Rewe, Daumen raus, trampen. Einhundertdreiundfünfzig Bilder bleiben. Die GPS-Datei. Die Höhenmeter. Was sich nicht speichern lässt: das Gefühl, als die Schmerzen unwichtig wurden. Die Erhabenheit. Der Moment, in dem man aufhört zu zählen.

Früher Streifzug durch Limburgs Peripherie – Schaumburger Straße und Umgebung, wo der Glanz fehlt und die Stadt ihre Arbeitskleidung trägt. Nachkriegsbauten, verwitterte Fassaden, Parkplätze statt Postkartenromantik. Hier zeigt sich das Funktionale, Abgenutzte: Discounter, Autowerkstätten, anonyme Wohnblocks. Die Dérive wird zum Abtasten urbaner Restflächen, Zonen ohne Touristenblick. Gerade in dieser Beiläufigkeit, diesem Ungeschönten, offenbart sich städtische Realität jenseits inszenierter Kulissen.

30 Kilometer durch das Limburger Becken. Drei Fieldrecordings dokumentieren die akustische Leere einer ausgeräumten Agrarlandschaft. Zwischen GPS-gesteuerten Traktoren und letzten Feldhamsterpopulationen, zwischen Instagram-Idylle und ökologischer Realität. Eine Wanderung durch die Kulissen unserer eigenen Inszenierung. Keine Romantik, nur Daten: Dies ist ein Tatort.